130 9. Das Heimatland als Glied des Staates.
glieder, die mit dem Landesdirektor den Provinzialausschuß bilden. Was
dieser beschlossen hat, berät der Proviuziatlandtag, der vom König ein-
berufen wird. Ist eine Sache von dem Landtage bestätigt, so läßt sie
der Landesdirektor ausführen. Ohne die Einwilligung des Provinzial-
landtages darf am Eigentum der Provinz nichts geändert werden. Der
Landtag hat auch das Recht, die jährliche Rechnung des Haushaltes der
Provinz zu prüfen und den Haushaltungsplan für das nächste Jahr auf-
zustellen. (Die Altmark hat noch einen besonderen Landtag in Stendals
Im preußischen Landtage wird die Provinz durch 38 Abgeordnete vertreten.
v) Die Staatsverwaltung.
Neben der Selbstverwaltung besteht eine staatliche Verwaltung. Diese
ist die Aufsichtsbehörde von jener. Sie hat wichtige Beschlüsse der Selbst-
Verwaltung zu prüfen. An der Spitze der staatlichen Verwaltung steht
in der Provinz der Oberpräsident. Er bildet mit einem hoheu
Beamten und 5 Mitgliedern des Provinzialausschusses den Provinzialrat.
Unser Oberpräsident wohnt in Magdeburg und arbeitet mit seinen Be-
amten im Oberpräsidium. Weil die oberste Verwaltungsbehörde in Magde-
bürg ihren Sitz hat, so ist Magdeburg die Hauptstadt der Provinz.
Unter dem Oberpräsidenten steht in jedem Regierungsbezirke ein
Regierungspräsident. Dieser bildet mit einem hohen Beamten und
4mitgliedern des Provinzialausschusses den Bezirksrat. Die Regieruugs-
Präsidenten wohnen in Magdeburg, Merseburg und Erfurt. Darum sind diese
drei Städte die Hauptstädte der Regierungsbezirke. Unter dem Regieruugs-
Präsidenten stehen die einzelnen Abteilungen der Regierung und die Landräte.
Die höchste Behörde für die evangelischen Geistlichen und die Kirchen-
angelegenheiten der Provinz ist das Konsistorium, das in Magdeburg
seinen Sitz hat. Außer ihm liegt noch der Landessynode die Ver-
tretuug der Kirchengemeinden ob. Diese ist eine Versammlung von 39 Ab-
geordneten (Geistlichen mit Gemeindemitgliedern). Die Synode berät in
Gemeinschaft mit dem Konsistorium alle kirchlichen Angelegenheiten. Für
die katholischen Psarrer und Kirchen ist der Bischof der westfälischen
Stadt Paderborn die oberste Behörde.
Die Verwaltung der niederen Schuleu, der Volks-, Bürger- und Mittel-
schulen in Dorf und Stadt, üben die Königlichen Regieruugen zu
Magdeburg, Merseburg und Erfurt aus. Die höheren Schulen, z. B.
Realschulen, Gymnasien, Lehrerseminare, werden von dem Provinzial-
Schul ko llegium verwaltet.
0. Rechtspflege.
Für die Rechtspflege sorgen:
1. 113 Amtsgerichte. (Unter diesen stehen die Schiedsämter.)
2. Die Landgerichte zu Magdeburg, Halberstadt, Stendal, Halle,.
Naumburg, Torgau, Erfurt, Nordhausen.
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— 91 —
30. Ein Überfall und seine Folgen.
Heinrich von Queiß zu Plössin, Gerichtsherr und Lehnsträger des Bischofs von Lebus, ein fast achtzigjähriger Greis, war mit seinem Schäfer in Streitigkeiten geraten, und dieser vergriff sich, man weiß nicht, wodurch gereizt, an der Familie seines Brot- und Gerichtsherrn. Nicht genug damit, flüchtete er nach Friedersdorf bei Storkow und wußte die Bauern für sich zu gewinnen. Nachdem sich ihm auch noch die Bewohner von Dolgenbrodt angeschlossen hatten, fiel er eines Tages hinterlistig in Plössin ein und trieb die Schafe des alten Queiß hinweg. Dieser verklagte sofort den Aufrührer und Räuber beim Bischof, und dieser gab dem Amtshauptmann von Storkow Befehl, nicht nur die Schafe wieder beizubringen, sondern auch den Schäfer in des Gutsherrn Gericht zu liefern. War es nun Saumseligkeit oder Parteinahme, der Hauptmann ließ jenen Befehl unbefolgt. Inzwischen war zu verschiedenen Malen Feuer iu Plössin ausgebrochen, und mit Recht vermutete man in dem Schäfer den Übeltäter. Queiß wiederholte inständig seine Bitten. Der Bischof befahl den: Amtshauptmann nochmals ernstlich, seinem Erlaß nachzukommen. Daß mithin die Schuld eigentlich an dem säumigen Hauptmann lag, ahnte der racheschnaubende alte Herr nicht. Als noch immer keine Genugtuung erfolgte, wandte er sich nun endlich an den Landvogt der Niederlausitz als seine nächst höhere Behörde. Dieser, Heinrich Tuukel, Herr von Bernizko, oberster Münzmeister des Königreichs Böhmen, ersuchte noch an demselben Tage in einem ebenso schicklichen wie bestimmten Schreiben den Bischof, sich der Sache doch endlich mit Nachdruck anzunehmen und seinem Vasallen Schutz und Recht angedeihen zu lassen.
Der Stolz des Bischofs siegte über seine Klugheit. Seine Empfindlichkeit war aufs äußerste gereizt. Es ging die Rede, daß er beim Lesen des Briefes geäußert habe, er werde dem Queiß dieseu Schritt nicht vergessen, sondern ihn deshalb zu züchtigen wissen. Jedenfalls sandte er bald ein Schreiben nach Plössin, worin er unumwunden seinem Grolle Ausdruck verlieh. War es bisher nur Säumnis gewesen, was den Rechtsgang aufgehalten hatte, so mischte sich jetzt immer erkennbarer die böse Absicht mit hinein, dem klagenden Teile nicht mehr zu seinem Rechte zu verhelfen, zum mindesten aber die Sache aufzuhalten. Bischof
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Queiß Heinrich Heinrich_Tuukel Heinrich von_Bernizko
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14
C. D i e Heimatprovinz.
hängten Strafen dienen Gefängnisse und Strafanstalten
(Zuchthäuser). Zur Schlichtung kleinerer Streitigkeiten sind
Schiedsmänner eingesetzt.
Anklagen im Auftrage des Staates werden an den Land-
gerichten vom Staatsanwälte, an den Amtsgerichten von
dem Amtsanwalte erhoben. Die Angeklagten werden von
Rechtsanwälten verteidigt. Rechtsanwälte strengen aber
auch im Auftrage von Privatpersonen Klagen an. Sachen der
freiwilligen Gerichtsbarkeit (Käufe, Verträge u. f. w.) werden
von Notaren beglaubigt.
6. Heerwesen. Haben in unserm Kreise Soldaten ihren
Standort (ihre Garnison)? In welchen Ortschaften gibt es
Kasernen, d h. gemeinsame Wohnhäuser der Soldaten?
Die Soldaten sind entweder Fußsoldaten (Infanteristen) oder Reiter
(Kavalleristen) oder Geschützsoldaten (Artilleristen) oder Pioniere (Schanzen-,
Minen- und Brückenbauer). Insgesamt bilden sie das Heer. Dieses be-
steht somit aus der Infanterie (dem Fußvolk), der Kavallerie (Reiterei), der
Artillerie (Geschütztruppen) und den Pionieren. Besondere Abteilungen des
Heeres bilden die Eisenbahn- und Luftschiffersoldaten, sowie der Train
(sprich Träng), der das Fuhrwesen versieht. — Die Kriegsschiffe mit ihrer
Besatzung (den Matrosen, Seesoldaten und deren Vorgesetzten) bilden die
Marine.
7. a. Einteilung. In wieviel Amtsbezirke wird der Kreis
geteilt? Wieviel Städte besitzt er? Wie heißen sie?
b. Ortschaften. Nenne wichtige Orte unseres Kreises!
Was weißt du von ihnen zu erzählen? Welche Orte sind Markt-
stecken? Welche sind geschichtlich merkwürdige Orte?
C. Die Heimakprovinz.
I. Kandesknnde von Schlesien.
l. a. Lage. Schlesien, eine Provinz des preußischen
Staates, bildet dessen südöstlichen Teil. Sie liegt zu beiden
Seiten der oberen und mittleren Oder und erstreckt sich von
Südost nach Nordwest.
d. Grenzen. Schlesien grenzt im Osten an Russisch-
Poleu: im Südosten und Süden an das Kaiserreich Osterreich
(Galizien, Osterreichisch-^>chlesien, Mähren und Böhmen); im
Westen an das Königreich Sachsen und an die Provinz Sachsen;
im Norden an die Provinzen Brandenburg und Posen.
Im Osten bilden die Liswarthe und Prosna, Zuflüsse der Wartha,
und die Przemsa, ein Nebenfluß der Weichsel, mit ihrem Zuflüsse Brimtza
natürliche Grenzen, im Süden die Oder mit der Oppa und Olsa, im Süd-
westen die Sudeten.
c. Größe. Schlesien ist 40320 qkm groß und hat einen
Umfang von ungefähr 1500 km. Die größte Länge (von Alt-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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m
Die deutschen Landschaften.
bus), aus der Grafschaft 61 atz, aus einigen 1815 von Sachsen abgetrete-
nen Bezirken der Oberlausitz und aus dem früher zur Neumark gehörenden
Städtchen und Bezirke Rothenburg a. d.o.
b. Die staatliche Ordnung und Einrichtung.
Die preussisclie Provinz Schlesien.
Der Sitz des O b e r pr ä s i di u ms ist die Stadt Breslau.
Auch der schlesische Provinziallandtag hält dort seine
Sitzungen ab.
Die Provinz Schlesien ist in die drei Regierungs-
bezirke Breslau, Oppeln und Liegnitz eingeteilt. Von
diesen liegt Breslau in der Mitte, Oppeln im Südosten und Lieg-
nitz im Nordwesten.
Die Angelegenheiten der katholischen Kirche unter-
stehen dem Fürstbischöfe von Breslau, die der protes-
tantischen dem Ha up t ko n s i st or i u m in Breslau. Zum
Breslauer Bistumsbezirk gehört die ganze Provinz mit Ausschluss
der Grafschaft Glatz, die dem Erzbistum Prag, und des Bezirks
Ratscher, der dem Erzstift Olmütz angeschlossen ist.
Für die Rechtspflege bestehen 14 Landgerichte und
das Oberlandesgericht zu Breslau.
Der grössere Teil der Provinz bildet den Bezirk des Vi. Armee-
korps, das seinen K o m mandositz in Breslau hat. N ur der
Bezirk Liegnitz ist in militärischer Hinsicht abgetrennt und bildet
mit Posen den V. Armeekorpsbezirk.
X. Das thüringisch-sächsische Hügelland.
Der Wasserabfluss des Elster- und des Erzgebirges geht nur
zum geringen Teile nach Südosten zur Eger hin. Die grössere
Wassermenge fliesst nach Norden ab und vereinigt sich in dem
Flussbette der Saale und der M u 1 d e , die beide von der eben-
falls in vorwiegend nördlicher Richtung fliessenden Elbe aufge-
nommen werden. Die Landschaft, durch welche diese Nebenflüsse
ihren Lauf nehmen, und an der auch die Elbe im Nordosten vor-
beizieht, heisst thüringisch- sächsisches Hügelland.
Sie ist dem Fichtelgebirge und den von diesem nach Nordwesten
und Nordosten sich hinziehenden Gebirgen vorgelagert und als deren
Abdachung anzusehen.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
390 Trinklust und Trinkgebräuche der Deutschen.
Schweidnitzer. Die Brauer von Otterndorf beschwerten sich einst bei beut Herzoge Frauz von Sachsen -Lanenbnrg, daß bei ihnen Bier aus der Stadt Bederkesa eingeführt würde, während sie doch selbst Brauereien genug hätten. Der Herzog verordnete jedoch, daß Bier aus Bederkesa solange eingeführt werden sollte, bis die Brauer von Otterndorf selbst gutes Bier brauen würden, tim das Jahr 1400 galt in Zittau das Gesetz, daß im Sommer nur Weizenbier verschenkt werden sollte; das Gerstenbier aber, das erst im Winter zum Verschank kam, mußte schon im März oder wenigstens int April gebraut werden. Wenn ein Brauer gegen dieses Gesetz handelte, so wurde ihm das Bier zum Besten des Hospitals weggenommen. Es wurden sogar förmliche und oft fehr drastische Bierproben angestellt, um einer Verschlechterung des Bieres vorzubeugen. In einer märkischen Stadt wurde das Bier für gut und malzreich genug erklärt, wenn die probierenden Ratsherren mit ihren Lederhosen auf einer mit Bier begossenen Bank anklebten. Ein gelehrter Doktor der Rechtswissenschaft aus Erfurt, Knaust mit Namen, machte eine Bierreise durch ganz Deutschland, um zu erkunden, wo das beste Bier zu finden sei. Seine dabei gemachten Erfahrungen veröffentlichte er 1575 zu Erfurt in einer Schrift, die den Titel führt: „Von der göttlichen, edlen Gabe, von der philosophischen, hochteuern und wunderbaren Kunst, Bier zu brauen."
Zu den weitberühmten Bieren gehörte im Mittelalter auch das Zittauer, das nach den verschiedensten Orten verschickt wurde. Wo neidische Städte den Verkauf oder die Durchfuhr Zittauer Bieres zu verhindern suchten, da wußten die Bürger von Zittau durch königliche Erlasse ihre Rechte zu wahren. So zwang 1383 der König Wenzel Iv. von Böhmen den Rat zu Bautzen, den Verkauf und die Durchfuhr jenes Bieres zu gestatten. Keineswegs aber waren die Zittauer gewillt, dagegen auch bei sich fremdes
Bier zu dulden. So zogen im Jahre 1530 Zittauer Bürger, 400 Mann
stark, bewaffnet und zum Teil zu Roß nach Eibau, das zum Zittauer Weichbilde gehörte, und zerschlugen dem dortigen Richter ein Faß Laubaner Bier. Als ant 3. Oktober 1628 ein aus Böhmen entflohener Protestant nach Zittau kam und sich sechs Faß seines auf seinem eigenen Gute gebrauten Bieres mitbrachte, schossen die Zittauer Löcher in die Fässer, daß das Bier herauslief. In einem anderen Falle waren sie wenigstens so klug, das Bier nicht in den Sand laufen zu lassen, sondern zum Besten der Armen zu konfiszieren. Dies geschah im Jahre 1663, als ein Bautzner in Zittau Hochzeit halten wollte und für diesen Zweck heimlich fremdes Bier in die Stadt geschafft hatte.
Zu Thätlichkeiten kam es des Bieres wegen zwischen den beiden Städten Görlitz und Zittau. Die Görlitzer wollten im 15. Jahrhundert
dem Zittauischen Biere den Eingang wehren und klagten 1489 beim Kaiser
über ihren Schaden bei der starken Zufuhr des Zittauischen Bieres. Der Kaiser verordnete, daß hinsüro in Görlitz und int Umkreise von anderthalb Meilen um Görlitz niemand fremdes Bier zum Ausschenken führen sollte;
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Hemmnisse des mittelalterlichen Handels. 51
gebildet hätten, in eine Menge von selbständigen Brnchteilen. Es mußten nämlich die Frachten in jedem Orte, der das Stapelrecht besaß, eine bestimmte Zeit und an bestimmten Plätzen, im Kaufhause, an der Wage oder sonstwo den Bürgern des Ortes feilgeboten werden und durften nur, wenn sie unverkauft geblieben waren, weiter geführt werden. Ein solches Recht war also ein gesetzlich festgestelltes Vorkaufsrecht der Bürger einer Stadt, welches den ganzen, ihren Markt berührenden Großhandel von ihnen abhängig machte. Kein aufblühender Markt versäumte deshalb, sich dieses Recht zu verschaffen und zum Nachteile der Nachbarmärkte in Ausübung zu bringen. An der Weichsel waren solche Stapelplätze Thorn und Danzig, an der Oder Frankfurt und Stettin, an der Elbe Magdeburg und Hamburg, am Rhein die bedeutendsten Worms, Speier, Mainz und Köln, an der Donau Ulm, Regensburg, Wien, Ofen. Vornehmlich diente der Stapel als Mittel, den Fremden gegenüber den Kleinhandel in die Hände der eigenen Bürger zu bringen und den Großhandel der Fremden über die eigenen Mauern hinaus zum Eigentum des eigenen Marktes zu machen.
Auch hier gab es kein anderes Mittel, sich gegen solche Rechte und deren Nachteile zu schützen, als Befreiungen in den einzelnen Fällen zu erwerben; doch wurden solche Befreiungen stets von dem Stapelorte angefochten und von den Märkten selbst nur aus Zwang zugestanden; eine Gegenseitigkeit wie bei Zollbefreiungen gab es hier nicht. In manchen Städten, namentlich in den am Ausflusse großer Ströme liegenden Hansestädten fand dadurch eine Erleichterung statt, daß anderer Städte Bürger sich hier das Bürgerrecht und damit die Erlaubnis erwerben konnten, einen Seehandel auch auf eigene Rechnung, selbst auf eigenen Schiffen zu treiben. Der Seehandel war wegen der größeren Entfernung der einzelnen Rnhe-und Marktplätze von einander weniger von den Stapelrechten eingeengt, doch waren auch hier diese im Gebranch und wurden von den Hansetagen mit Zähigkeit aufrecht erhalten. Jedes Kontor hatte zugleich das Stapel-recht und war der gesetzlich festgestellte Vermittelungsort zwischen den hansischen Städten und den Küsten jenes Landes, dem das Kontor angehörte. Ein Umgehen dieses Stapels wurde deshalb mit großer Geldstrafe - und dem Ausschließen vom hansischen Rechte bestraft.
Um an einem Beispiele den Gang des damaligen Handels, wie er durch die Niederlage sich gestaltete, deutlich zu machen, nehmen wir an, ein Hamburger Kaufmann fei nach Breslau gereist, um daselbst Waren einzukaufen. Hatte er in Breslau seinen Kauf beendigt, so transportierte er seine Waren mit Breslauer oder Frankfurter Frachtwagen (denn die Oder war südlich von Frankfurt nicht schiffbar) auf der großen Kaufmannsstraße von Breslau über Neumarkt, Parchwitz, Lüben, Polkwitz, Nenstädtel, Freistadt, Grüneberg, Crossen und Reppen nach Frankfurt. In Frankfurt wurden die Waren nun, infofern es der Niederlage unterworfene waren, drei Tage lang niedergelegt und verkauft, letzteres aber nur an Frankfurter Bürger. War gerade Meffe, fo konnte auch au Fremde verkauft werden.
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— 19 —
Die Provinz Posen ist behufs eingehender und besserer Ver-
waltung in zwei Regierungsbezirke, Posen und Bromberg, ein-
geteilt. An der Spitze der Regierungsbezirke ^stehen die königlichen
Regierungen, deren Vorsteher die Regierungspräsidenten sind. Jeder
Regierungsbezirk zerfällt wiederum in Kreise und diese in Polizei-
distrikte. Die Provinz Posen umfaßt 42 Kreise, von denen 40
landrätliche Kreise, d. h. solche, die von Landräten verwaltet werden,
und zwei Stadtkreise (Posen und Bromberg) sind.
Die Verfassung der Städte ist durch die Städteordnung ge-
regelt. An der Spitze der städtischen Verwaltung steht als aus-
führende Behörde der Magistrat; beratende Behörde ist die Stadt-
verordnetenkörperschaft.
Ein anderer wichtiger Gegenstand der Verwaltung ist die
Rechtspflege. Nach der neuen Gerichtsverfassung vom 1. Oktober
1879 bildet die Provinz Posen den Bezirk des Oberlandesgerichts
Posen.
Die Gerichte der untersten Stufenfolge sind die Amtsgerichte.
Sie befinden bei Streitigkeiten in Bezug auf Besitztum bis zu dem
Wertbetrage von 300 Jfo\ ferner entscheiden sie bei Streitigkeiten
zwischen Herrschaft und Gesinde, Vermieter und Mieter u. s. w.;
desgleichen führen sie das Grundbuch, das Handelsregister und
leiten das Bankrott-, Vormuudschasts-, Erbschasts- und Testaments-
verfahren. Mit jedem Amtsgericht ist ein Schöffengericht verbunden;
dasselbe besteht aus einem Amtsrichter und zwei aus den Einsassen
des Amtsgerichtsbezirks gewählten Schöffen. Es entscheidet über
kleinere Vergehen.
Streitigkeiten über Gegenstände, deren Wert den Betrag von
300 J(o übersteigt, und größere Vergehen werden bei den Land-
gerichten abgeurteilt; desgleichen können Beschwerden und Berufungen
gegen Urteile der Amts- und Schöffengerichte dort eingebracht
werden. In diesem letzteren Falle sind die Landgerichte Gerichte
der zweiten Stufenfolge. Bei den Landgerichten treten in be-
stimmten Zeiträumen die Schwurgerichte zusammen, denen die Ab-
urteilung bestimmter Vergehen zusteht. Landgerichte befinden sich
zu Posen, Ostrowo, Lissa, Meseritz, Schneidemühl, Bromberg und
Gnesen.
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33
13. Magdeburg.
Zwei Meilen unterhalb Schönebeck kommt die Elbe an
Magdeburg vorbei. Das ist die Hauptstadt des Reg.-Bez. Magde-
bürg und der ganzen Provinz. Es ist also der Sitz des Ober-
Präsidenten der Provinz Sachsen. Auch die obersten kirchlichen
Behörden (Konsistorium und Generalsuperintendent) und ebenso
die oberste Militärbehörde der ganzen Provinz (das General-
kommando des Iv. Armeekorps) befinden sich in Magdeburgs Die
Stadt ist auch Sitz einer Ober-Postdirektion und eines
Landgerichts. In welchen Städten sind auch Landgerichte? Wie heißt
das oberste Gericht in der Provinz? In welcher Stadt befindet sich dasselbe?
Magdeburg hat über 215 000 Einwohner. Davon gehört
ein großer Teil dem Kaufmannsstande an; denn der Handel,
der von hier aus mit den Boden- und Fabrikerzeugnissen che-
sonders Getreide und Zucker) der fruchtbaren Umgegend betrieben
wird, ist sehr bedeutend. Dazu kommen noch die Erzeugnisse
eigener Fabrikthätigkeit. Von großer Wichtigkeit für den Handel
Magdeburgs sind die Elbschiffahrt und die Eisenbahnen, die von
hier aus nach den verschiedensten Richtungen hingehen. — Magde-
burg ist auch eine Festung, und zwar eine der wichtigsten im
ganzen preußischen Staate.
Im alten Stadtteile sind die Straßen eng und krumm. Eine
Ausnahme davon macht der Breite Weg, der die ganze Altstadt
in der Richtung von Süden nach Norden durchzieht. Hier reiht
sich Laden an Laden; hier herrscht auch der meiste Verkehr. Durch
kurze Seitenstraßen wird der Breite Weg mit dem Domplatze
und dem Alten Markte verbunden. Auf dem Domplatze oder
Neuen Markte wird jedes Jahr zu Michaelis eine Messe ab-
gehalten, die freilich für den Handel bei weitem nicht die Bedeutung
der Leipziger Messen hat. Der Platz bildet ein großes regel-
mäßiges Viereck. Aus drei Seiten wird er von einer Doppelreihe
schöner Linden eingefaßt; auf der vierten, nach Süden gerichteten
Seite aber wird er von dem herrlichen Dome begrenzt, dessen
Türme über 100 in hoch sind. Im Innern befindet sich das
Grabmal Ottos des Großen und das seiner ersten Gemahlin Editha.
Sehenswert ist auch das kunstvolle, aus Bronze gegossene Grab-
mal des Erzbischoss Ernst.
Die größte der Domglocken wiegt 265 Ctr. Wo befindet sich eine noch
um 10 Ctr. schwerere Glocke? — Auf der Ostseite des Domplatzes liegen die
Regierungsgebäude. Hinter denselben das Gebäude, in welchem der Ober-
Präsident seine Wohnung hat. Es grenzt an den Fürstenwall. Das ist ein
langer, mit schönen Anlagen versehener Wall, der im Jahre 1722 vom Fürsten
Leopold von Dessau, dem damaligen Befehlshaber (Gouverneur) der Festung,
längs der Elbe angelegt wurde. Mit dem Fürstenwall stehen die neuen An-
lagen in Verbindung, die das zum Andenken an den glorreichen Krieg von
3
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Personennamen: Michaelis Ottos Editha Ernst Leopold_von_Dessau Leopold